Mit Ermächtigungsgesetzen hat das Deutsche Volk keine guten Erfahrungen gemacht. Das letzte wurde am 24. März 1933 vom Deutschen Reichstag beschlossen. Die Folgen sind hinreichend bekannt. Nun ist es wieder so weit. Selber Ort, anderer Name: „Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer Lage von nationaler Tragweite“. Dieses Gesetz soll am 18. November – also in wenigen Tagen – vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden.
Der Verfasser möchte keine Debatte anstoßen, ob die in dem Gesetz genannten Maßnahmen zur Eindämmung einer Pandemie geeignet und notwendig sind. Darum geht es nicht. Das Gesetz sieht die weitreichendsten Einschränkungen von persönlichen Freiheiten vor, die es in der Bundesrepublik Deutschland je gegeben hat. Und solche Maßnahmen können in einer Demokratie nur von den Parlamenten beschlossen werden, denn diese wurden vom Souverän, dem Volk, dafür gewählt.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll nun die Parlamente aushebeln. Der Deutsche Bundestag hat nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt (Plenarprotokoll 19/154, S. 19169C), wodurch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ermächtigt wurde, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates verschiedene Maßnahmen zu treffen. Davon hat das BMG Gebrauch gemacht.
So weit, so gut. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte Gesundheitsminister Spahn die „eingriffsintensiven Maßnahmen“ im Hinblick auf Dauer, Reichweite und Intensität erweitern. Jens Spahn könnte dann frei entscheiden, welche Branchen geschlossen bleiben, ob Sport- und Freizeitaktivitäten erlaubt sind, ob es Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gibt, ob Demonstrationen stattfinden dürfen. Die PR-Abteilung des BMG, das bundeseigene Robert-Koch-Institut, muss nur hohe und möglichst steigende Zahlen der Neuinfektionen verkünden, und schon sind die härtesten Einschränkungen der Freiheit plausibel. Jeder, der noch klar bei Verstand ist, wäre gut beraten, sich den Gesetzentwurf einmal genauer anzusehen. Der Link steht am unteren Ende dieses Textes. Besonders § 28a (Seite 12 der pdf) und § 36 (Seite 13) haben es in sich.
Dazu Uwe Witt, Mitglied im Gesundheits-Ausschuss des Deutschen Bundestages: „Die Pandemielage ist einmal festgestellt. Nun möchte Minister Spahn den Werkzeugkasten der zur Verfügung stehenden Maßnahmen drastisch erweitern. Sogar die Unverletzlichkeit der Wohnung soll nun kein Tabu mehr sein. Die Geschäftsgrundlage, aufgrund derer der Bundestag das BMG ermächtigt hat, soll nun nachträglich verändert werden. Ich kann nur hoffen, dass die Abgeordneten der SPD- und der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag nicht blind dem Herdentrieb folgen, sondern selber nachdenken. Denn wer diesem Gesetz zustimmt, gibt seine Mitbestimmungsrechte bei den möglicherweise notwendigen Corona-Maßnahmen an der Bundestags-Garderobe ab.“
Verweis: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/239/1923944.pdf