Nach einem spannenden Wahlabend, während dem die AfD laut den Prognosen der Fernsehsender teilweise unterhalb der 5-Prozent-Hürde lag, konnten unsere Kollegen im direkt angrenzenden Bundesland Hamburg nach 22 Uhr vorerst aufatmen. Gemäß der Hochrechnung von infratest dimap von 22:45 Uhr gelang der AfD bei den Wahlen zur 22. Hamburgischen Bürgerschaft mit 5,3 Prozent wohl der erfolgreiche Wiedereinzug in das Landesparlament der Hansestadt. Trotz prozentualer Verluste im Vergleich zur Wahl von 2015 würde dies für die AfD diesmal sieben Sitzen entsprechen, also einem mehr, als sie zuletzt dort hatte.
Die Ergebnisse der anderen Parteien gemäß Hochrechnung: SPD 39,1% (51 Sitze), CDU 11,2% (14 Sitze), Grüne 24,1% (31 Sitze), Linke 9,1% (12 Sitze), FDP 5,0 % (6 Sitze). Die FDP bewegte sich allerdings noch am späten Abend teilweise knapp unter oder auf der 5-Prozent-Hürde, sodass unklar blieb, ob sie diesmal den Einzug womöglich verpasst. Die Wahlbeteiligung lag mit 63 % deutlich höher, als 2015. Damals gingen nur 56,6 % der wahlberechtigen Hamburger zur Wahl.
In den Wochen vor den Wahlen lag die AfD in Hamburg laut Wahlumfragen allerdings eher bei 7 Prozent, also 1-2 Prozent höher. Im Interview mit Hamburg1 führte der Hamburger Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann den kurzfristigen Stimmenverlust zurück auf die Ereignisse in Hanau und die für die AfD nachteilige Tendenz der medialen Berichterstattung darüber: “Die AfD wird stigmatisiert und ausgegrenzt”. AfD-Landessprecher Leif-Erik Holm aus Mecklenburg-Vorpommern ging dabei noch weiter, und sagte in einer Stellungnahme, die anderen Parteien hätten “eine perfide Diffamierungskampagne nach den Morden von Hanau” gestartet.
Am Wahlabend war außerdem zu beobachten, dass die Hochrechnungen von ARD und ZDF die AfD den Abend über zeitlich viel länger unter den fünf Prozent sahen, als es die offiziellen vorläufigen Zahlen des Landeswahlleiters jeweils wiedergaben. Der Landeswahlleiter hatte die Alternative für Deutschland ab den ersten Auszählungen durchgehend über fünf Prozent ausgewiesen. Tatsächlich warf es bei vielen Beobachtern Fragen auf, weshalb die ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF gegen 18 Uhr die AfD mit 4,7 Prozent bis zu 0,6 Prozentpunkte unterhalb der späteren 5,3 Prozent des vorläufigen Endergebnisses angaben. Die relative Abweichung vom Endergebnis betrug damit über 10 Prozent. Den möglichen Hintergrund dieser über große Strecken des Abends entscheidend zu niedrigen Einschätzung sieht die AfD in Hamburg gemäß Statement auf ihrem Twitter-Kanal darin, dass ihrem Spitzenkandidaten Dirk Nockemann “auf der Basis ihrer eigenen Falschprognosen von ARD und ZDF seine Auftritte in den Spitzenkandidatenrunden in Tagesschau, Heute und NDR verwehrt” werden sollte.