Nitrat im Boden und im Grundwasser

Meinungsbeitrag aus dem Ausschuss für Umwelt, Natur- und Tierschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (LFA7)

Mit dem Thema Nitrat treiben die Grünen, voran die deutschen, die Regierenden in Berlin und Brüssel vor sich her, die deren unglaubliche Darstellungen offenbar gerne aufnehmen, zu Ungunsten der Landwirte und zur Angstmache bezüglich einer angeblichen Bedrohung auch des Trinkwassers. In etwa halbjährlichen Kampagnen wird das Thema besonders hier in Deutschland regelmäßig hochgekocht.

Nitrat tritt bei Abbau von organischen Stoffen auf, besonders bei Abbau von Aminosäuren etwa aus Blättern von Bäumen und Pflanzen in freier Natur und Landwirtschaft, aber auch Dung und Gülle. Leguminosen binden natürlich Stickstoff. Wenn sie als Zwischenfrüchte eingesetzt werden, wird kein Nitratdünger benötigt. Auch durch Industrie und Autoverkehr wird Stickstoff ausgestoßen und bildet sich Nitrat. Durch Bäume, bevorzugt Fichten, wird es abgefangen und gelangt dann in Waldböden und ins Grundwasser (Höchstwerte in Fürstenfeldbruck um 30 mg/l, normal 10 – 20 mg/l).

Der europaweite Grenzwert für Trinkwasser liegt bei 50 mg/l, dieser gilt,etwas unlogisch, auch für alle Grundwasserbrunnen. Trinkwasser wird in etwa 100 m Tiefe gewonnen, die Grundwasserwerte werden in Deutschland durch die Behörden in der Regel unter 10 Metern Bodentiefe gemessen. Die meisten EU- Länder messen in größerer Tiefe und haben dementsprechend niedrige Nitratwerte, wie kürzlich auch für Bundesministerium für Landwirtschaft konstatierten musste. Man will nun am Entnahmeverfahren der Proben notwendige Änderungen vornehmen.

In Schleswig- Holstein liegen die Messbrunnen oft nur in wenigen Metern Tiefe, wie das LLUR 2019 auf Anfrage der AfD- Fraktion in Kiel öffentlich machen musste. Im Jahresverlauf schwankt die Konzentration in Deutschland in manchen Brunnen zwischen 0 und 80 mg/l. Besonders hohe Werte wurden auf bisher unerklärliche Weise auf einigen Nordseeinseln und unter einigen Naturschutzgebieten gemessen. Zuletzt lagen in Deutschland von 1965 Messstellen noch 160 über dem Wert von 50 mg/l. Von 1992 bis 2010 ist die Zahl der Messstellen in Deutschland, die über 50 mg/l liefern, um ca. 20 % zurückgegangen. In Grundwasserbrunnen zur Trinkwassergewinnung liegen die Messwerte heute ausschließlich niedriger als der Grenzwert von 50 mg/l.

Rolle des Stickstoffs

Die Nitratthematik ist seit Jahrzehnten bekannt und gut untersucht. Neben Niederschlägen und regionalem Klima allgemein spielen insbesondere die Böden eine Rolle. Sandböden etwa lassen eine Auswaschung ins Grundwasser leichter zu als Lehmböden, die Nitrat wie andere Nährelemente an ihren Kolloidoberflächen wie Ionenaustauscher festhalten. Andere Bodentypen wie Löss liegen zwischen diesen Extremen. In den Vegetationsperioden kommt eine Auswaschung praktisch nicht vor. Deshalb spielt auch die Stickstoffdüngung keine Rolle. Bereits in Versuchen aus den 1960 und 1970iger Jahre betrug die Auswaschung durch Sickerwasser auf Gley-Podsol-Böden im Schnitt von neun Jahren 52 kg/N/ha/Jahr, in Tonböden im Durchschnitt 24 kg. Extreme Unterschiede ergaben sich hier zwischen Böden unter Weideland mit sehr geringer Auswaschung und solchen mit Leguminosen wie Erbsen als Vorfrucht. Die Messungen erfolgten in 180 cm Bodentiefe und 200 mm Grundwasserneubildung pro Jahr. Interessant ist hierbei, was selbst das Umweltbundesamt heraushebt, dass zwischen 1990 und 2016 der Stickstoffeinsatz weltweit nicht mehr gestiegen ist, die Erträge jedoch um ca. 40% zugenommen haben (Hochertragssorten).

Interessant sind auch die N-Gesamtverfügbarkeit und N-Gesamtbilanz. Bei ersterer spielt die Gesamtverfügbarkeit im Wurzelraum die Hauptrolle (N min). Liegt dieser bei über 120 kg/ha, kann auf eine Stickstoffdüngung, etwas beim Winterweizen, ganz verzichtet werden. Bei Winterroggen auf Lössböden liegt dieser sogar bei nur 80 Kg/ha, jeweils in oder bis zu 90 cm Bodentiefe.

Keine Überdüngung

Eine Überdüngung, wie besonders von den Grünen beständig unterstellt, kommt heute, schon aus Kostengründen, daher nicht mehr vor. Stattdessen prüfen die Landwirte selber den Düngebedarf ihrer Böden mit inzwischen einfachen Testverfahren. Bezüglich der Stickstoffgesamtbilanz und seiner chemischen Prozesse im Boden muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass auch auf leichten Böden eine starke Tiefenverlagerung nicht gegeben ist, das gilt für das Nitrat und ebenso für das leicht giftige Nitrit als kurzzeitiges Zwischenabbauprodukt. Dort, wo in der Vegetationsperiode nicht 100% des vorhandenen Stickstoffs von Getreide und Feldfrüchten aufgenommen wird, treten N2-Verluste z.B. durch gasförmige Verflüchtigung oder durch Erosion auf. Nitrat wird zu Nitrit abgebaut, das sich spontan zersetzt bzw. zu salpetriger Säure umwandelt. Außerdem wird es durch Katalyse organischer Bodensubstrate zu N2-Gas abgebaut und entweicht in die Atmosphäre. In alkalischen Böden erfolgt dieses über den Abbauweg Ammoniak zu NH3, das ausgast. Bei Erosion wird zuerst die organische Bodensubstanz ausgetragen, an die der große Teil der Stickstoffverbindungen gebunden ist. Dieser Austrag/N-Verlust wurde in der Vergangenheit unterschätzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nitrat und andere Stickstoff-verbindungen sich fast ausschließlich im und etwas unter dem Wurzelhorizont anreichern und dann an Bodenkolloide gebunden oder mikrobiell abgebaut und als N2 ausgasen. Grundwasserhorizonte, die der Trinkwassergewinnung dienen, können demnach auch über längere Zeit betrachtet nicht erreicht werden. Überdüngungen finden in Deutschland schon aus Kostengründen nicht mehr statt. Selbst die Gülleausbringung erfolgt heute mittels Messtechniken auf das Milligramm pro qm Boden genau. Gülle wird auch inzwischen anderweitig verarbeitet, etwa zur Gasgewinnung. Die Panikmache beim Thema Stickstoff beruht auf Unwissen oder ist politisch gewollt. Sie ist sachlich falsch, ihr ist entschieden entgegen zu treten. Der Druck auf die Bauern durch eine Politik unter grünem Etikett muss endlich aufhören.

Autor: Dr. Holger Stienen

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