Wenn nicht Kohlestrom, dann Kernkraftstrom

Warum ihn Deutschland nach dem „Kohleausstieg“ brauchen wird

Derzeit ist Deutschland dabei, aus der Stromerzeugung mit Kohle und Kernkraft gleichzeitig auszusteigen und sich allein auf die Alternativ-Energie Wind, Sonne, Pflanzenvergärung („Biogas“) zu verlassen. Diese Gleichzeitigkeit bringt die Sicherheit der Stromversorgung in höchste Gefahr. Dann nämlich fehlt in der Stromerzeugung vor allem die sogenannte Grundlast. Dabei ist sie für die stets sichere Versorgung mit Strom absolut dann notwendig, wenn die Alternativ-Energie naturbedingt ausfällt, denn grundlastfähig ist diese nicht.

2021 sollen vierzehn Kraftwerke wegfallen

Für 2021 hat die Bundesnetzagentur das Abschalten von elf weiteren Kohlekraftwerken mit einer Gesamtkapazität von 4800 MW genehmigt. Zusätzlich gehen 2021 drei weitere Atomkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 4100 MW endgültig vom Netz. Alle vierzehn Kraftwerke können diese Leistung jederzeit rund um die Uhr zu 100 Prozent zuverlässig ins Netz einspeisen. Die bestehenden und zusätzlichen Wind- und Solarkraftwerke können das nicht. Woher kommt dann der Strom?

Der europaweite Beinahe-Blackout am 8. Januar 2021

Beim Beinahe-Blackout im europäischen Stromverbundnetz am 8. Januar 2021 vermochte es nur die Rotationsenergie der großen Generatoren der Kohle- und Kernkraftwerke, die sogenannte Momentan-Reserve, einen noch stärkeren Abfall der Soll-Frequenz unter 50 Hertz im Verbundnetz zu verhindern. Nur diese nötige „Schwungmasse“ der Regelkraftwerke hat Europa, einschließlich etwas Glück, vor dem flächendeckenden Stromausfall bewahrt. Dafür gebraucht werden an Grundlaststrom mindestens 40 Prozent der Stromerzeugungskapazität.

Ohne Kohlekraftwerke ist Kernkraft umso notwendiger

Wenn, wie politisch gewollt und beschlossen, alle Kohlekraftwerke wirklich stillgelegt werden, dann sind Kernkraftwerke umso notwendiger. Die bestehenden müssen weiterlaufen und neue, um die fehlenden Kohlekraftwerke zu ersetzen, gebaut und in Betrieb genommen werden. Entgegenstehende gesetzliche Regelungen sind demgemäß zu ändern.

Auf die Dauer sind Tatsachen stärker als Politiker-Wahn – Anzeichen einer Umbesinnung

Anzeichen für eine Umbesinnung gibt es,*) einen Durchbruch bei weitem noch nicht. Aber dauerhaft werden sich deutsche Politiker über technische, physikalische und wirtschaftliche Tatsachen nicht hinwegsetzen können, denn diese werden auch zu politischen Tatsachen werden, wenn der Strom noch teurer wird und Netzzusammenbrüche geschehen.

Weniger CO2-Ausstoß haben wollen? Dann sind Kernkraftwerke hochwirksam

Ob das Beibehalten und Wiederbeleben von Kernkraftstrom mit der „Klimaschutzpolitik“ begründet wird, weil bei der Stromerzeugung mit Kernkraft so gut wie kein CO2 anfällt – nicht bei der Erzeugung von Strom, nur beim Bau von Kernkraftwerken – sollte gerade für die „Klimaschützer“ eine Rolle spielen, denn Kernenergie ist für das Vermindern von CO2-Emissionen in der Stromerzeugung ein hochwirksames Instrument. Aber letztlich entscheidend ist, dass die Versorgung mit Strom sicher und bezahlbar bleibt.

Warum Deutschland Kernkraftwerke brauchen wird

Der deutsche Ausstieg aus der Kernkraft 2022 bedeutet, dass mit dem Jahresende 2022  jährlich über 70 TWh an CO2-freiem Kernkraft-Strom wegfällt. Der Ausbau des Alternativ-Stroms kann diesen nicht ersetzen. Also braucht Deutschland den Einsatz von mehr Gas-  und weiterhin  Kohlekraftwerken. Dann jedoch werden in der Stromerzeugung die CO2-Emissionen nicht zurückgehen, sondern zunächst sogar noch zunehmen. Damit aber steht Deutschland vor einem Problem, denn es hat sich verpflichtet, seine CO2-Emissionen bis 2030 zu verringern (Reduktion gegenüber 1990 um 55 Prozent). Also spricht auch das für Kernkraftwerke – und zwar nicht nur dafür, die bestehenden weiterzubetreiben, sondern auch neue zu bauen.

Eine törichte und gefährliche Politik endlich beenden

Noch wird der Alternativ-Strom mit massiver Subventionierung und Vorrangeinspeisung ins Stromnetz gedrückt und privilegiert. Noch immer werden weitere Alternativ-Anlagen hinzugebaut. Deshalb werden die Kohlekraftwerke immer häufiger aus dem Strommarkt herausgedrängt werden – und rechnen sich damit immer weniger. Deren Betreiber würden sie ebenfalls nur mit Subventionierung weiterlaufen lassen (können). Aber der „Kohleausstieg“ ist politisch gewollt und beschlossen – eine, weil mit dem vorgeblich schädlichem CO2 begründet, törichte Entscheidung. Diese gefährliche Entwicklung müssen die deutschen Politiker endlich beenden.

Warum Deutschland Fachkräfte für Kernkraftwerke weiterhin benötigt und halten muss

Wenn in Deutschland die Kernkraftwerke verschwinden, verschwinden auch die dafür nötigen Fachkräfte. Die besonders guten, die nicht zum Rückbau gebraucht werden,  haben sich  wohl schon längst umorientiert. Fachkräfte bleiben nur oder kehren nur zurück, wenn ihnen die Politik eine glaubwürdige langfristige Perspektive bietet. Das müsste sie tun. Daher wären, um Engpässe beim Kernkraftpersonal zu vermeiden, dessen Verträge zu verlängern. Damit die Kernkraftwerke verfügbar bleiben, sind die noch laufenden auf dem neuesten Sicherheitsstand zu halten. Für die schon stillgelegten, aber wiederbelebbaren Kernkraftwerke ist bei der Brennstab-Verfügbarkeit eine Vorlaufzeit von drei Monaten einzuplanen, für ein vollständiges Neuladen der Brennstäbe nochmals rund drei Monate.

Eine informative, sachliche Darstellung zur Kernenergie – es gibt auch andere – enthält das Buch Kernkraft ist der Weg in die nachhaltige, umweltschonende Energie-Zukunft.**) Die Autoren ziehen unter anderem folgendes Fazit:

Die Zukunft der Energieversorgung liegt in den Kernkraftwerken der 4. Generation

„Fossile Brennstoffe können zwar über die weiteren Jahrhunderte keine Lösung der weltweiten Energieversorgung sein, die sogenannten Erneuerbaren Wind und Sonne aber auch nicht. … Die im Buch beschriebenen neuen Typen von Kernkraftwerken der Generation IV sind aus heutiger Sicht die einzig wirklich nachhaltige und umweltschonende Lösung des kommenden Energieversorgungsproblems. Sie sind der Weg in die Energiezukunft. … Man kann sie inhärent sicher bauen, sie sind optimal umweltschonend, und sie verursachen kaum noch radioaktiven Abfall, weil sie durch ihre integrierte Aufbereitung in der Lage sind, 100 Prozent des Natururans und Thoriums zu nutzen. Die Kernbrennstoffe Thorium aus der Erde und Uran aus dem Meer haben zusammen eine Reichweite von vielen Millionen Jahren. Mit Kernkraftwerken der Generation IV verfügt man damit über eine erneuerbare Energiequelle.“

(Dass Energie nicht „erneuerbar“ ist, sondern nur umwandelbar in andere Energie, wissen natürlich auch die Autoren, nur Politiker und Journalisten wissen das nicht und verwenden daher das wohlklingendere Wort „erneuerbar“ anstelle von Alternativ-Energie).

Kanzlerin Merkel war 2008 schon mal weiter als heute

Zu erinnern ist an ein Wort von Angela Merkel: „Ich halte es für nicht sinnvoll, dass ausgerechnet das Land mit den sichersten Atomkraftwerken die friedliche Nutzung der Atomenergie einstellt. Deutschland macht sich lächerlich, wenn es sich dadurch ein gutes Gewissen machen will, dass Atom- und Kohlekraftwerke stillgelegt werden und gleichzeitig Strom, der aus denselben Energieträgern erzeugt worden ist, aus Nachbarländern importiert wird.“ Geäußert hat sie das als Bundeskanzlerin am 23. Mai 2008 auf dem Deutschen Katholikentag (Quelle: hier). Merkel war schon mal weiter als heute. Was sie 2008 zutreffend festgestellt hat, trifft 2020 immer noch zu. Daher ist die Stromerzeugung mit Kernkraft beizubehalten bzw. wiederzubeleben. Der Anstoß dazu muss auch und vor allem von der AfD kommen. Tot ist die Kernkraft in Deutschland nicht, nur scheintot (hier).

Schwere Zusammenbrüche der Stromversorgung mit ihren Folgen in Kauf nehmen?

Noch ist der Zug „Ausstieg aus der Kernkraft“ am Zielbahnhof nicht angekommen, sondern fahrend weiterhin unterwegs. Man kann ihn noch stoppen. Den Ausstiegsbeschluss zu revidieren, ist, wenn Not dazu treibt, durchaus möglich und alles andere als unwahrscheinlich. Die eine Not nämlich ist Deutschlands vermeintliche CO2-Zwangslage (gleichsam wegen der Selbstverpflichtung ein Schuss ins eigene Knie). Die andere ist ein drastischer Zusammenbruch der Stromversorgung. Angenommen, es kommt 2021 zu zwei schweren Blackouts, zeitlich mit nicht zu großem Abstand, damit der erste noch nicht vergessen ist, sondern allen noch in den Knochen steckt, dann würde die öffentliche Meinung ein Umsteuern erzwingen. Denn bei entsprechender Dauer gibt es massivste Schäden mit Toten und Versorgungsengpässen.

Die Politik wird dann ebenso wendig reagieren wie damals, wenn auch irrig, Merkel 2011 (Fukushima) oder im Jahr 2020 in Sachen Coronavirus (erst abwiegelnd, dann panisch totalitär unverhältnismäßig). Käme es spätestens dann zur Revision des Ausstiegsbeschlusses und würden die Ökofanatiker, Kernkraftgegner und Gutmenschentypen ebenso dagegen auf die Straße gehen wie heute die Verteidiger der Freiheit gegen die staatlich-totalitären Corona-Maßnahmen, dann würde sich die Staatsgewalt sehr flexibel gegen jene wenden, deren Rechtsbrüche sie heute kleinredet und kaum verfolgt. 
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*) Beispiele:

„Kernenergie ist Teil der Lösung“ (Grossi, Leiter IAEA) in: F.A.Z. vom 26.10.2020, Seite 6

Niederlande reaktivieren die Kernkraft (hier und hier)

Demonstrationen für einen Weiterbetrieb der CO₂-freien Kernkraftwerke in Lingen und Grohnde (10. September 2020)

Kernkraft als letzte Hoffnung zweier Ökoaktivisten gegen die Erderwärmung (FAS vom 6. September 2020, Seite 6)

Memorandum (hier) zweier an sich konträrer Wissenschaftler zum Weiterlaufenlassen der Kernkraftwerke vom 16. Juli 2020. Beispiel: „Die noch am Netz befindlichen sechs deutschen Kernkraftwerke (»GER6«) mit 8.500 Megawatt (MW) etwa genauso viel Strom wie alle Braunkohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen zusammen.“

Frankreich setzt auf Atomstrom und fährt gut damit (FAZ vom 21. Februar 2020).

Die geniale Erfindung der Atomkraft – Franzosen denken anders (FAS vom 23. Februar 2020)

Die CDU zeigt sich in einem Positionspapier offen für die Rückkehr zur Kernkraft. Welt- Nachrichtensender vom 2. Februar 2020 (hier).

Das EU-Parlament stimmt für die Kernenergie (Entschließung vom 28. November 2019 zur Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2019 in Madrid.

Sachsens Ministerpräsident Michale Kretschmer hält einen Wiedereinstieg Deutschlands in die Atomkraft für denkbar. Damit die Bürger und Politiker aber frei entscheiden könnten, dürfe sich Deutschland nicht komplett aus dem Thema herausziehen. „Kernforschung muss weiter betrieben und gefördert werden. Wir müssen technologieoffen bleiben. Das heißt nicht, dass wir gleich neue Kraftwerke bauen. Aber wir müssen die Kompetenz dafür behalten.“ Derzeit gebe es für die Atomenergie in der deutschen Gesellschaft keine Mehrheit, sagte Kretschmer. Es sei aber richtig, die Frage immer wieder neu zu diskutieren. „Immerhin hätte man mit Atomenergie weniger CO2-Emissionen.“ (hier).

**) Götz Ruprecht und Horst-Joachim Lüdecke: Kernkraft ist der Weg in die nachhaltige, umweltschonende Energie-Zukunft. TvR Medienverlag, Jena 2018. 128 Seiten. ISBN 978-3-940431-65-3.

Autor: Landesfachausschuss mit den Themen Energie und Technik (LFA10)

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